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Glossar / Glossary

- ein bisschen Theorie muss sein!...

 

Bei spontanen Musiksessions ist es wichtig, dass die Musiker dieselbe Sprache sprechen, um sich über Rhythmusarten, Tempovarianten und Akkordfolgen verständigen zu können. Im Blues ist dies vergleichsweise einfach, da er meist mit 3 Akkorden und einem 12-taktigen Standardschema auskommt. In einer mehrsprachigen Umgebung oder unter Musikern mit unterschiedlichen musiktheoretischen Backgrounds kann es dennoch zum "Babylon-Fall" kommen – das gemeinsame Musizieren scheitert daran, dass das Vokabular nicht ausreicht, um ein Musikstück zu beschreiben und sich darüber zu verständigen.

So kann im lauten Bühnengetümmel schon die Ansage der Tonart falsch verstanden werden, wenn sie in der herkömmlichen deutschen Theoriesprache gemacht wird: „D-Dur“ kann dann wegen der ähnlichen Aussprache schon einmal als „E-Dur“ oder „G-Dur“ missverstanden werden, oder „A-Moll“ als „H-Moll“. Die folgenden Sprachkonventionen dienen dazu, solchen akustischen Missverständnisse zu vermeiden:

  • C-Dur = „Cäsar“,

  • D-Dur = „Dora“,

  • E-Dur = „Emil“,

  • F-Dur = „Friedrich“,

  • G-Dur = „Gustav“,

  • A-Dur = „Anton“,

  • H-Dur (bzw. B-Dur) = „Heinrich“.

Die Halbton-Tonarten werden mit dem Zusatz „erhöht“ entsprechend formuliert, also z. Bsp.

  • Cis-Dur = „Cäsar erhöht“ oder
  • Fis-Moll = „Friedrich erhöht Moll“.

Bei der Verständigung in englischer Sprache sind bspw. folgende Bezeichnungen üblich:

  • Dur = “major”,

  • Moll = “minor”,

  • H-Moll = “B minor”,

  • Fis-Dur = “F sharp”,

  • Ais-Dur = “B flat” usw.

Andere nützliche englische Begriffe sind

  • Takt = “bar”

  • im Takt = “in strict time”

  • Taktwechsel = “time change”

  • 12-taktiger Blues =  “twelve bar blues“

  • 8-taktiger Blues = “eight bar blues”

  • schneller Wechsel (Subdominante im 2. Takt) = “quick change”

  • Turnaround (Akkordfolge gegen Ende des Bluesschemas) = “turnaround“

  • Durtonart = “major key”, “major mode”

  • Molltonart = “minor key”, “minor mode”

  • parallele Molltonart = “parallel minor key”

  • Pentatonik = “pentatonic”

  • Rhythmik = “rhythmics”

  • gerader (binärer) Rhythmus, ‘Rock’n Roll’ = “binary rhythm”

  • ungerader (ternärer) Rhythmus, ‘Shuffle’ = “trinary rhythm”

  • Dreivierteltakt = “three-four time”

  • Viervierteltakt = “four-four time”

  • Sechsachteltakt = “six-eight time“

  • langsamer Blues = “slow blues”

  • schneller Blues = “uptempo blues”

  • gemäßigtes Tempo = “medium tempo”

Zum Basiswissen jedes Bluessession-Musikers gehört auch, die anderen Instrumentenarten zu berücksichtigen. So gibt es Tonarten, die Bläsern (z. Bsp. Harpern oder Saxophonisten), aber auch Pianisten und sogar Gitarristen einfach nicht liegen, weil sie ungleich schwerer zu spielen sind als andere Tonarten. Zu diesen "unmöglichen Tonarten" gehören

  • für Pianisten und Harp-Spieler: F-Dur und alle Halbton-Tonarten, weil hier fast nur schwarze Tasten zum Einsatz kommen bzw. die Harps in der entsprechenden Tonart nicht zur Verfügung stehen.

  • für Bläser (besonders Saxophonisten): F-Dur und Ais-Dur wegen anstrengenden Klappeneinsatzes.

  • für Gitarristen: D-Dur, weil Barré-Griffe ab dem 10. Bund schwierig werden.

Umgekehrt gibt es Tonarten, die sich bspw. für das Zusammenspiel von Gitarristen deshalb sehr gut eignen, weil sie offenen Stimmungen ("Open tunings") entgegenkommen oder den ausgiebigen Einsatz der Leersaiten ermöglichen. Dazu zählen besonders

  • G-Dur wegen des möglichen „Open-G-“ und „Open-D-Tunings“ und

  • E-Dur wegen des möglichen Einsatzes der E-, A- und H-Leersaiten und der Ausnutzung des Griffbretts bis zum 19. Bund.

Als erfahrener Sessionmusiker weiß ich, dass auch das Thema "Rhythmusart und Tempo" gerade unter Bluesmusikern oft zu Kommunikationschaos und im schlimmsten Fall auf der Bühne zu entnervenden Diskussionen führt. Für den Blues gilt grundsätzlich, dass fast alle Bluesnummern, die jemals geschrieben wurden, ternär phrasiert sind, also einen ungeraden Rhythmus mit Betonung auf der 2. und der 4. Zählzeit haben. Die typischste Rhythmusart des Blues ist der Shuffle, der als Swing, als Cut-Shuffle („Got my mojo working“, „Mystery train“), synkopiert (d. h. mit Offbeat-Betonung) oder in seiner langsamen Variante, die gemeinhin als "Slow Blues" bekannt ist, gespielt werden kann. Meister wie T-Bone Walker verstanden es sogar, im ternären Rhythmus binär zu solieren – die hohe Kunst des Blues. Der gerade in Hamburg bei Pianisten so populäre "Boogie-Woogie" dagegen ist kein echter Shuffle und eine Rhythmusart, die sich für langsamere, weniger "rollende" Bluesnummern nicht eignet.

Akkordfolgen werden am besten im Sinne der Stufenfolge benannt. In einem typischen 12-taktigen Blues beginnt das Akkordschema meist mit der Grundtonart, also der

  • „Tonika“ (oder I. Stufe),

  • dann folgt die „Subdominante“ (oder IV. Stufe) und

  • schließlich die „Dominante“ (oder V. Stufe).

Im Englischen lauten die Begriffe Tonika = „tonic“, Subdominante = „subdominant“ und Dominante = „dominant“.

Die im Blues typische Akkordfolge in den Strophen, „Bluesschema“ genannt, hat 12 Takte:

I – I – I – I – IV – IV – I – I – V – IV I – V.

Erfolgt in einem 12-Takter im 2. Takt ein Wechsel auf die Subdominante, spricht man von einem „Quick Change“. Alles, was ab dem 9. Takt passiert (also im letzten Drittel des Schemas), wird zusammenfassend „Turnaround“ genannt, weil es schon zum nächsten Akkorddurchgang hinleitet. Es gibt auch andere prominente Akkordfolgen, z. Bsp. das 8-taktige Bluesschema, das typischerweise so aussieht:

I – I – IV – IV – I – V – I – I.

Hier beginnt der Turnaround erst mit dem 7. Takt.

Zum Üben empfehle ich wärmstens die "Blues Backing Track Jams" auf Youtube. Hier finden sich Tracks zu allen möglichen Tempo-, Rhythmus- und Phrasierungsarten sowie Stilrichtungen im Blues, aber auch zu einzelnen Bluesnummern. Alles sehr authentisch und mit dem richtigen "Mikrotiming". Die Tracks sind mehrere Minuten lang und mit einer Rhythmusgitarre, (Kontra-)Bass und Schlagzeug eingespielt - also genau die richtige "Backing-Truppe" für Soloinstrumentalisten.